2022 ist ein "schwieriges Hopfenjahr"

von Conrad Seidl 28/08/2022
Nachrichten
2022 ist ein "schwieriges Hopfenjahr"

Wolnzach - Laut dem Verband der Deutschen Hopfenpflanzer ist das Hopfenjahr 2022 für die deutschen Hopfenpflanzer ein extrem schwieriges Jahr. Wie viele Bereiche im Alltag und im Wirtschaftsleben sind seit Jahresbeginn die Preise auch für Produktionsmittel im Hopfenanbau erheblich gestiegen. Während man in den Nachrichten aber von Inflationsraten im einstelligen Bereich hört, sind die Kosten der Hopfenpflanzer seit 2021 um 25 bis 30 Prozent gestiegen, meldet der Fachverband. Vor allem Preiserhöhungen für Energie und für Verbrauchsmaterialien wie Aufleitdraht schlagen zu Buche und bereiten den Hopfenpflanzern wirtschaftliche Probleme. Die überwiegende Mehrheit der Hopfen ist in langjährigen Vorverträgen bereits zu fixierten Preisen für die nächsten Jahre verkauft. Eine Erhöhung der Hopfenpreise, um wenigstens einen Teil der enormen Mehrkosten zu kompensieren, gestaltet sich dementsprechend schwierig.

Tockenheit bedeutet Stress

Dazu kommt im Jahr 2022 noch hinzu, dass die extrem heiße und vor allem trockene Witterung von Juni bis August die Hopfenreben sehr gestresst hat. Die Folge ist ein stark vermindertes Wachstum und in letzter Konsequenz eine schlechte Ernte. Die gestiegenen Kosten treffen also mit stark verminderten Einnahmen im Hopfenjahr 2022 zusammen.Die vergangene Ernte 2021 war eine gute und der Absatz der Hopfen verlief zufriedenstellend. Es wurden zwar keine Spitzenpreise erzielt, der Hopfen konnte aber überwiegend an die Brauwirtschaft verkauft werden und die befürchteten Auswirkungen der weltweiten Corona-Pandemie auf die Bier- und Hopfenindustrie fielen überschaubar aus. Der Rückgang der globalen Bierproduktion war geringer als erwartet und in 2021 war bereits wieder um 4 Prozent mehr als im Vorjahr produziert worden und somit auch mehr Hopfen benötigt worden.

Im Februar 2022 begann der Ukraine-Krieg und in Folge davon stiegen die Preise für fast alle Produkte an. Die Produktion der Intensiv-Kultur Hopfen wurde besonders getroffen, denn der Hopfen ist vermutlich die landwirtschaftliche Kultur, die am meisten unter den Preissteigerungen zu leiden hat, so die Meldung weiter. Mitte Mai und Mitte Juni kam es in der Hallertau, dem größten Hopfenanbaugebiet in Deutschland, zu heftigen Hagelstürmen, in deren Folge etwa 2.000 ha Hopfenfläche geschädigt wurden. Im Juni dann begann die trockene und heiße Zeit in ganz Deutschland und Europa. Auch hier litt der Hopfen besonders stark, weil der für seine Entwicklung kritische Zeitraum Juni bis August genau die trockene und heiße Zeit in Deutschland in 2022 war. Eine im Vergleich zum Vorjahr erheblich geringere Erntemenge ist die Folge. Ebenso muss mit einem geringerem Alpha-Gehalt der Hopfen im Vergleich zum Vorjahr gerechnet werden.

Das Jahr 2022 hat gezeigt, dass langfristig auch in Deutschland die Bewässerung der Hopfenproduktion ausgebaut werden muss. In fast allen anderen Ländern mit Hopfenanbau wird bereits bewässert und der Klimawandel erfordert diesen Schritt nun zunehmend auch für die deutschen Hopfenflächen. Hier müssen in den kommenden Jahren die Hopfenindustrie zusammen mit Politik und Behörden tragbare und zukunftsfähige Systeme zur Hopfenbewässerung entwickeln, so die Meldung weiter.

Hoffnung auf neue Hopfenzüchtungen

In Extremjahren wie 2022 leiden alle Hopfen unter Hitze und Trockenheit, sodass eine halbwegs vernünftige Ertragsstabilisierung nur durch eine Bewässerung erreicht werden kann. Es gibt mittlerweile aber auch Neuzüchtungen bei den Hopfensorten, die mehr Hitze- und Trockenstress ertragen können und deren Erträge deshalb nicht so drastisch einbrechen, wie die meisten älteren Sorten. Dabei machen diese Sorten hervorragende Biere und sind zudem toleranter gegen Krankheiten und Schädlinge.

Der Pflanzenschutz im Hopfen in 2022 war geprägt von Mehltau-Problemen zu Beginn der Wachstumsphase, der aber ausreichend bekämpft werden konnte und zusammen mit Peronospora im weiteren Jahresverlauf kontrolliert werden konnte. Die Blattlaus-Entwicklung bereitete zu Saisonbeginn Sorgen, konnte aber ausreichend reguliert werden. Die gemeine Spinnmilbe profitierte von der heißen Witterung und konnte sich ebenso wie der Erdfloh überdurchschnittlich gut entwickeln. Die Folge sind teilweise stark befallene Hopfenbestände bis hin zu Ernte- und Qualitätseinbußen.

Die offizielle Hopfenernteschätzung im Anbaugebiet Hallertau fand am 23. und 24. August statt. Auf einer Gesamtanbaufläche von 17.110 ha wurde ein Ertrag von 650.000 Ztr. (32.500 t) geschätzt. In den übrigen Anbaugebieten wurden ebenfalls in den vergangenen Tagen die Schätzungen vorgenommen. In Tettnang werden 48.430 Ztr. (2.421,5 t), in Elbe-Saale 53.827 Ztr. (2.691,35 t) sowie in Spalt 9.813 Ztr. (491 t) geschätzt. Im Anbaugebiet Bitburg beläuft sich die geschätzte Erntemenge für 2022 auf 400 Ztr. (20 t). Dies ergibt eine Gesamtmenge von 762.470 Ztr. (38.124 t) für das Bundesgebiet, und liegt damit etwa 20,3 Prozent unter der Erntemenge 2021.

Das Hopfenhandelshaus BarthHaas kommt zu ähnlichen Einschätzungen.

Auch in den anderen europäischen Anbaugebieten herrschten ähnliche Bedingungen. Die Erwartungen sind entsprechend. Insbesondere die Tschechische Republik erwartet eine schwache Ernte. 

Was das alles für den Markt bedeutet ist schwer einzuschätzen. Auf Bestände aus Alternten kann zurückgegriffen werden, um Defizite auszugleichen, diese Bestände sind aber nicht notwendigerweise in den Sorten vorhanden, die am meisten nachgefragt sind. 

Viele Brauereien berichten von sehr guten Biervolumen in der ersten Jahreshälfte, nachdem das Gastronomiegeschäft wieder voll da ist. In einigen Fällen übersteigt das erste Halbjahr 2022 sogar den Ausstoß von 2019. Die weltweite Nachfrage ist also robust. 

In Summe dürfte genug Angebot vorhanden sein, um die Nachfrage zu befriedigen. Dies setzt allerdings die Kooperation und Flexibilität der Brauereien bezüglich Sorte und Jahrgang voraus. Die Ernte 2022 bietet auch die Gelegenheit, zu hohe Vorvertragsmengen zu bereinigen. Die Preisfindung im Spotmarkt für jede einzelne Sorte dürfte jedoch kompliziert werden angesichts einer knappen Ernte und sehr unterschiedlichen Mengen an Altbeständen. 
Sicher ist allerdings, dass die Preise für Vorverträge steigen werden. Die Hopfenbauern haben mit enormen Kostensteigerungen zu kämpfen, die weit über der allgemeinen Inflationsrate liegen, und können daher nicht mehr zu den alten Preisen produzieren. Wir empfehlen unseren Kunden ferner, die neue Zuchtsorten ins Programm aufzunehmen. Diese sind besser gegen den Klimawandel gewappnet und bringen stabilere Erträge als die altbekannten Sorten der Vergangenheit. 

https://www.deutscher-hopfen.de/de/Ueber-uns/Regionalverbaende